Samstag, 28. Juli 2012


Sonntag, 29. Juli

Familienausflug


Da ich vor ein paar Wochen ja recht kurzfristig ins Dorf gefahren bin, konnte ich nicht mehr von dem Familienausflug berichten, den ich einen Tag vor meiner Abreise gemacht habe. Die ältere der beiden Schwiegertöchter sollte für zwei Wochen zu ihrer Familie aufs Dorf fahren, sozusagen mit Kind und Kegel, allerdings ohne ihren Mann. Mein Gasteltern haben sie dorthin gebracht und sie wollten unbedingt, dass ich mitkomme, damit ich auch mal ein bisschen was von Tadschikistan sehe.

Früh am Morgen machen wir uns auf den Weg, das Auto vollgeladen mit vier Erwachsenen, drei Kindern und einer Menge Essenssachen als Mitbringsel. 

Vor der Fahr noch "schnell" einmal Tanken: immerhin gibt es EINE Zapfsäule an der Tankstelle. Meist wird der Tank in Tadschikistan mit Trichter und Kanister aufgefüllt.

Im Dorf angekommen gibt es erst einmal große Wiedersehensfreude, weil die Tochter fast ein Jahr lang nicht mehr zu Hause war. Und weil das eine sehr lange Zeit ist, haben die Frauen, die in einem anderen Zimmer als die Männer sitzen, natürlich unglaublich viel zu besprechen. Zum Glück gibt es auch gleich etwas zu essen, der Dastarchan wird, wie immer, reichlich gedeckt, und ich bin froh darüber: so habe ich auch eine Beschäftigung, denn von dem schnellen „Geschnatter“ verstehe ich nur hier und da ein Wort. Nachdem ich mich schon fast mit Brot, Keksen und Bonbons sattgegessen habe, kommt natürlich erst das richtige Essen. Wann werde ich das nur endlich lernen? Mit vollem Bauch mache ich mit zwei Mädchen aus der Familie einen kleinen Spaziergang durch das Dorf.

Bei unserem Rundgang gibt es mal wieder ...
... eine Menge schöner Dorfstilleben zu sehen, ...
... darunter auch ein selbstkonstruierter Hausbrunnen ...
... und eine Waschtag-Impression.
Die Dorfmoschee. Eigentlich fehlt nur noch die Dorfkneipe (das würde hier oschchonai milli heißen), dann wäre es nicht viel anders als in einem deutschen Dorf...

Als wir zurückkommen heißt es plötzlich, dass wir los müssen. Ich wunder mich: „Jetzt schon? Wir sind doch gerade erst angekommen.“ Bis sich herausstellt, dass ich mit den Eltern und Schwiegereltern zu den heißen Quellen in der Nähe fahren soll. Wenn ich das mal vorher gewusst hätte. Ich habe weder Badezeug noch eine zweite Unterhose dabei. Na toll! Aber es hilft nichts, nach einem kurzen Abschied geht es los. Vorne sitzen die Männer und ich hinten mit den beiden Frauen, alle haben sich eine Menge zu berichten und es wird viel gelacht. Die Musik läuft laut und wir werden auf den Seitenstraßen kräftig durchgerüttelt. Das Ganze ist nicht viel anders als in Deutschland, wenn sich Schwiegereltern, die sich gut miteinander verstehen, nach längerer Zeit wiedersehen und sich viel zu erzählen haben. Nur eben in einer anderen Sprache und mit anderer Kleidung. Außerdem liebe ich Ausflüge mit Tadschiken! Sie sind immer so ereignisreich und lustig, dass ich meistens ununterbrochen vor mich hin grinsen muss.

Dicht hinter das Steuer geklemmt und mit lauter Musik chauffiert uns der Schwiegervater zu den heißen Quellen. Ein Schutzamulett oder Glücksbringer darf übrigens in keinem tadschikischen Auto fehlen.

Um zu den Quellen zu kommen, müssen wir nach dem Aussteigen auf einer abenteuerlichen kleinen Brücke einen wilden Bach überqueren.

Zuerst die mutigen Männer...
... dann die nicht ganz so unerschrockenen Frauen.
Das Badehaus mit den heißen Quellen

Männer und Frauen baden natürlich getrennt, also ziehen wir „Mädels“ uns in der mit Dampf gefüllten Umkleidekammer bis auf die Unterhose aus. 

Ich weiß, ein wirklich aussagekräftiges Bild, aber wenn man gaaanz lange, gaaanz genau hinsieht, kann man im Vordergrund die Dusche sehen. Dahinter liegt ein etwa 4 mal 4 Meter großes Becken.

Dann geht es kurz unter die heiße Dusche und schließlich ins Becken. Ich versuche krampfhaft nicht an die Keime und Bakterien zu denken, die sich hier im warmen Wasser tummeln, sondern an die Wunderwirkung, die die vielen heißen Quellen in Tadschikistan verheißen. Sie helfen gegen Leiden jeglicher Art, angefangen von Hautkrankheiten bis hin zu Rheuma, und wer nicht schwanger werden kann, kommt am besten auch hierher. 

Irgendwann wird mir ganz schwummerig. Ich ziehe mich an und die beiden Frauen kommen auch bald hinterher. Weil ich ja nicht wusste, dass ich schwimmen gehen würde und mich ein paar Tage vorher ziemlich stark erkältet hatte (ach ja, auch dagegen helfen die Quellen!), habe ich natürlich keine warme Kleidung mitgebracht. Aber das macht gar nichts, denn ich werde von den Frauen in einen dicken, gesteppten Mantel gesteckt, der eigentlich nur für die tadschikischen Männer gedacht ist und in dem ich unschlagbar gut aussehe! 

Gut seh ich aus, nö? :)
Ein letzter Blick auf die karge, aber schöne Landschaft, bevor wir wieder fahren.

Auf der Rückfahrt wird mir in dem Ding leider so warm, dass mir die Soße runterläuft und ich, wieder zu Hause angekommen, mit fast nassem T-Shirt in dem kühlen Esszimmer sitze und mich frage, ob die Quellen wohl auch gegen nachfolgende Unterkühlungen helfen. Zum Glück bleiben wir nicht mehr so lange und nach einem herzlichen Abschied fahren wir, nur noch zu dritt im Auto, nach Hause Richtung Dushanbe. 

Der kleine Rockabilly-Hund der Familie. Nach einem Tag mit Gästen und vielen kleine Kindern ist auch er geschafft

Zwischendurch nehmen wir den einen oder anderen Anhalter mit. In Tadschikistan sind die Verkehrsanbindungen über Land nicht so gut und so stehen die Leute am Straßenrand und hoffen von privaten Autofahrern mitgenommen zu werden. Dafür zahlen sie dann auch denselben Preis, wie bei den „öffentlichen“ Verkehrsmitteln. Ein gutes System, das sich da entwickelt hat und von dem jeder profitiert.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen