Sonntag, 29. Juli
Familienausflug
Da ich vor ein paar Wochen ja recht kurzfristig ins Dorf
gefahren bin, konnte ich nicht mehr von dem Familienausflug berichten, den ich
einen Tag vor meiner Abreise gemacht habe. Die ältere der beiden
Schwiegertöchter sollte für zwei Wochen zu ihrer Familie aufs Dorf fahren,
sozusagen mit Kind und Kegel, allerdings ohne ihren Mann. Mein Gasteltern haben
sie dorthin gebracht und sie wollten unbedingt, dass ich mitkomme, damit ich
auch mal ein bisschen was von Tadschikistan sehe.
Früh am Morgen machen wir uns auf den Weg, das Auto
vollgeladen mit vier Erwachsenen, drei Kindern und einer Menge Essenssachen als
Mitbringsel.
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Vor der Fahr noch "schnell" einmal Tanken: immerhin gibt es EINE Zapfsäule an der Tankstelle. Meist wird der Tank in Tadschikistan mit Trichter und Kanister aufgefüllt. |
Im Dorf angekommen gibt es erst einmal große
Wiedersehensfreude, weil die Tochter fast ein Jahr lang nicht mehr zu Hause
war. Und weil das eine sehr lange Zeit ist, haben die Frauen, die in einem
anderen Zimmer als die Männer sitzen, natürlich unglaublich viel zu besprechen.
Zum Glück gibt es auch gleich etwas zu
essen, der Dastarchan wird, wie immer, reichlich gedeckt, und ich bin froh darüber:
so habe ich auch eine Beschäftigung, denn von dem schnellen „Geschnatter“
verstehe ich nur hier und da ein Wort. Nachdem ich mich schon fast mit Brot,
Keksen und Bonbons sattgegessen habe, kommt natürlich erst das richtige Essen.
Wann werde ich das nur endlich lernen? Mit vollem Bauch mache ich mit zwei Mädchen aus der Familie einen kleinen Spaziergang durch das Dorf.
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Bei unserem Rundgang gibt es mal wieder ... |
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... eine Menge schöner Dorfstilleben zu sehen, ... |
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... darunter auch ein selbstkonstruierter Hausbrunnen ... |
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... und eine Waschtag-Impression. |
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Die Dorfmoschee. Eigentlich fehlt nur noch die Dorfkneipe (das würde hier oschchonai milli heißen), dann wäre es nicht viel anders als in einem deutschen Dorf... |
Als wir zurückkommen heißt es plötzlich, dass wir los müssen. Ich wunder
mich: „Jetzt schon? Wir sind doch gerade erst angekommen.“ Bis sich
herausstellt, dass ich mit den Eltern und Schwiegereltern zu den heißen Quellen
in der Nähe fahren soll. Wenn ich das mal vorher gewusst hätte. Ich habe weder
Badezeug noch eine zweite Unterhose dabei. Na toll! Aber es hilft nichts, nach
einem kurzen Abschied geht es los. Vorne sitzen die Männer und ich hinten mit
den beiden Frauen, alle haben sich eine Menge zu berichten und es wird viel
gelacht. Die Musik läuft laut und wir werden auf den Seitenstraßen kräftig
durchgerüttelt. Das Ganze ist nicht viel anders als in Deutschland, wenn sich
Schwiegereltern, die sich gut miteinander verstehen, nach längerer Zeit
wiedersehen und sich viel zu erzählen haben. Nur eben in einer anderen Sprache
und mit anderer Kleidung. Außerdem liebe ich Ausflüge mit Tadschiken! Sie sind immer
so ereignisreich und lustig, dass ich meistens ununterbrochen vor mich hin
grinsen muss.
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Dicht hinter das Steuer geklemmt und mit lauter Musik chauffiert uns der Schwiegervater zu den heißen Quellen. Ein Schutzamulett oder Glücksbringer darf übrigens in keinem tadschikischen Auto fehlen. |
Um zu den Quellen zu kommen, müssen wir nach dem Aussteigen auf
einer abenteuerlichen kleinen Brücke einen wilden Bach überqueren.
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Zuerst die mutigen Männer... |
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... dann die nicht ganz so unerschrockenen Frauen. |
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Das Badehaus mit den heißen Quellen |
Männer und
Frauen baden natürlich getrennt, also ziehen wir „Mädels“ uns in der mit Dampf
gefüllten Umkleidekammer bis auf die Unterhose aus.
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Ich weiß, ein wirklich aussagekräftiges Bild, aber wenn man gaaanz lange, gaaanz genau hinsieht, kann man im Vordergrund die Dusche sehen. Dahinter liegt ein etwa 4 mal 4 Meter großes Becken. |
Dann geht es kurz unter die
heiße Dusche und schließlich ins Becken. Ich versuche krampfhaft nicht an die Keime
und Bakterien zu denken, die sich hier im warmen Wasser tummeln, sondern an die
Wunderwirkung, die die vielen heißen Quellen in Tadschikistan verheißen. Sie
helfen gegen Leiden jeglicher Art, angefangen von Hautkrankheiten bis hin zu
Rheuma, und wer nicht schwanger werden kann, kommt am besten auch hierher.
Irgendwann wird mir ganz schwummerig. Ich ziehe mich an und
die beiden Frauen kommen auch bald hinterher. Weil ich ja nicht wusste, dass
ich schwimmen gehen würde und mich ein paar Tage vorher ziemlich stark erkältet
hatte (ach ja, auch dagegen helfen die Quellen!), habe ich natürlich keine
warme Kleidung mitgebracht. Aber das macht gar nichts, denn ich werde von den
Frauen in einen dicken, gesteppten Mantel gesteckt, der eigentlich nur für die
tadschikischen Männer gedacht ist und in dem ich unschlagbar gut aussehe!
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Gut seh ich aus, nö? :) |
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Ein letzter Blick auf die karge, aber schöne Landschaft, bevor wir wieder fahren. |
Auf
der Rückfahrt wird mir in dem Ding leider so warm, dass mir die Soße
runterläuft und ich, wieder zu Hause angekommen, mit fast nassem T-Shirt in dem
kühlen Esszimmer sitze und mich frage, ob die Quellen wohl auch gegen
nachfolgende Unterkühlungen helfen. Zum Glück bleiben wir nicht mehr so lange
und nach einem herzlichen Abschied fahren wir, nur noch zu dritt im Auto, nach
Hause Richtung Dushanbe.
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Der kleine Rockabilly-Hund der Familie. Nach einem Tag mit Gästen und vielen kleine Kindern ist auch er geschafft |
Zwischendurch nehmen wir den einen oder anderen Anhalter mit.
In Tadschikistan sind die Verkehrsanbindungen über Land nicht so gut und so
stehen die Leute am Straßenrand und hoffen von privaten Autofahrern mitgenommen
zu werden. Dafür zahlen sie dann auch denselben Preis, wie bei den „öffentlichen“
Verkehrsmitteln. Ein gutes System, das sich da entwickelt hat und von dem jeder
profitiert.
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